András Hamary

*  13. Juni 1950

von Thomas Kabisch

Essay

»Ich glaube, die Sprache meiner Musik ist gebrochen und nur indirekt expressiv. Das liegt an den Punkten und an den Linien, am Fehlen von Melodien mit emotionsbeladenen Tonschritten. Ich fühle mich wohl in diesem etwas trockenen Raum und möchte da erst einmal weiterarbeiten. Grundsätzlich stehe ich der Avantgarde nah, wenngleich ich sie zu einer Art Ausverkauf anbiete; zu günstigen Preisen, damit die Leute sie sich leisten können« (Hamary 1990).

An der zweiten der 13 Etüden für Klavier (1982/83; rev. 1987) – sie erhielt 1987 den Titel Zeitschichten – lässt sich exemplarisch studieren, wie Hamary in Einzelheiten der Komposition verfährt, wie er Rhythmus und Diastematik organisiert, wie er Struktur und Form ins Verhältnis setzt. Stets geht es um die Konfrontation parametrischer, »eindimensionaler« Prozesse mit komplexen Kategorien, die verschiedene Parameter verknüpfen; um die Konfrontation technischer Verfahren, die ihre Wurzel letzten Endes im Serialismus haben, mit musikalischen Begriffen, die der traditionellen Musik der vergangenen 150 Jahre entstammen. Beide Pole erfahren in dieser Konfrontation Veränderungen: Dem eindimensionalen Parameter-Denken wird eine zweite Ebene im Sinne der »zweiten Artikulationsebene« oktroyiert, von der Claude Lévi-Strauss in der Ouverture zu »Das Rohe und das Gekochte« (Frankfurt/Main 1971, 38) spricht; umgekehrt ...